Was für ein eigenartiges Gefühl. Die letzten Tage haben wir gemeinsam gelebt in meinem Häusschen und nun hab ich mich von ihm verabschiedet.
Mittlerweile ist er bereits in Ägypten heile angekommen und freut sich seine ganzen Freunde und Bekannte wieder zu sehen. Selbstverständlich freue ich mich auch für ihn. Dennoch ist da dieses brennende Gefühl, welches mich in den nächsten Flieger nach Ägypten treffen will, weil ich so gerne bei ihm wäre.
Zu Jugendzeiten hätte ich das nie erwartet. So wie jeder Teenie habe auch ich mich mit meinen Eltern gezofft. Mein Papa und ich sind ziemliche Sturköpfe, weshalb wir tatsächlich sehr gut und viel streiten konnten.
Das exakte Gegenteil sind wir jetzt. Als Beispiel werfe ich kurz ein, dass ich Ende Oktober mit Papa in Ägypten war. Er wollte mir zeigen wo er hin möchte, wollte sehen ob es mir dort gefällt, damit er sicher sein kann, dass ich ihn viel besuche und nicht zuletzt wollte er meinen Segen für seinen Umzug. Selbstverständlich wollten wir einfach auch die Zeit nutzen nochmal einen Vater-Tochter-Urlaub zu erleben. Eigentlich waren es nur sieben Tage dort (viel zu kurz), aber es hat uns nochmal näher gebracht. Papa und ich können nicht nur gut streiten, wir können uns mittlerweile vor allem sehr gut vertragen. In dem Urlaub haben wir also auch viel über früher geredet und alte Geschichten ein für alle mal aus der Welt geschafft. Worauf ich jedoch eigentlich hinaus wollte: Wir wurden sehr oft angesprochen, wie selten die Leute es sehen würden, dass Vater und Tochter sich so nahe stehen und wie schön das wäre. Und verdammt, dass ist es wirklich. Meiner Mom stehe ich nicht annähernd so nahe. Wahrscheinlich ist mir deshalb das Verhältnis zu meinem Vater umso wichtiger.
Ich bin jetzt fast 22 Jahre alt (5.Mai ist es soweit), noch mit 17 Jahren hätte ich es niemals für Denkbar gehalten, dass wir als Familie wieder so schön zusammen finden, dass ich ihn bei mir wohnen lasse, dass es mir schwer fallen wird diese Gefühlswelt die in mir herrscht zu beschreiben.
Auf der einen Seite ist es also hart gewesen ihn gehen zu lassen. Er hat natürlich noch ein Abschiedsgeschenk bekommen. Ein silbernes Armband von S. Oliver mit der Gravur „Baba“. Er hat sich sehr gefreut über das Geschenk. Der letzte Abend war komisch. Ich war so früh eingeschlafen, weil ich seit mehreren Tagen nicht mehr schlafen konnte und total am Ende war. Als ich dann im Bett lag und mir klar wurde, dass ist mein letzter Abend, er liegt unten auf der Couch und fragt sich womöglich ebenfalls gerade, wann wir uns wieder sehen werden, konnte ich kein Auge zu tun. Ich ging also zu ihm und wir quatschten (und weinten) noch eine ganze Weile. Irgendwann ging ich für die letzten paar Stunden ins Bett. Er musste sehr früh zum Flughafen und ich stand natürlich früh auf, damit wir uns verabschieden konnten.
Dieses Situationen sind doch letztlich nie wie man es erwartet. Ich hatte die Befürchtung ich würde zusammenbrechen, wenn er raus ist. Das geschah nicht. Ich ging erstaunlich gut damit um, muss ich sagen. Als wir spät abends telefonierten, er mir erzählte wie schön alles wäre, dass er so einen tollen Empfang dort bekam, mich aber bereits vermissen würde, gingen so viele Gefühle in mir vor.
Da ist zu erst dieses vermissen, diese Trauer.
Dann freue ich mich natürlich wahnsinnig für ihn. Seine Freunde holten ihn mit einer Limousine ab vom Flughafen, damit er nicht mit dem Hoteltransfer fahren musste und gaben ihm ein extra großes Zimmer und viele, viele Geschenke. Alle freuten sich wohl sehr in zu sehen.
Dann ist da noch mehr Freude. Denn diese Trauer, dieses Gefühl ihn zu vermissen, zeigt mir letztlich etwas wirklich schönes: Nach all dem Streit und Mist, haben wir es nun geschafft eine Familie zu sein. Das is absolut fantastisch und überdeckt am Ende jedes mal meine Trauer.
Wo auch immer mein Papa ist, weiß er dass ich ihn lieb habe und wo auch immer ich bin, kann ich mich stets auf ihn verlassen.